Katharina Körting
Frankfurt (Oder) im Mai 2020
Die Oder fließt im Stillen. Drüben sitzen
mit blanker Brust zwei Angler. Sie vergessen
(auf ihren Köpfen weiße Mützen, denn
die Sonne brennt) die kalte Seuche weltwärts.
Vor Sankt Marien trifft man, in Steine geritzt,
auf Frankfurter, die von Bedeutung waren.
Im Kleistmuseum bin ich ganz allein.
Das Tuch vorm Mund darf ich beiseitelegen.
Buchstaben hinter Glas lehren den Blankvers,
und dass Identitäten brüchig sind.
Geschulte Stimmen lesen feine Sätze,
wo neben Büchern Marionetten tanzen.
Ich nehme ihre Widersprüche mit
ans Ufer, an das grenzenlose Fließen
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Katharina Körting
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Frankfurt (Oder) im Mai 2020
Ich finde den Text erfrischend konkret und poetisch. Er überzeugt mich aber nicht ganz. Die blanke Brust der Angler kann ich mir noch erklären. Sie leuchtet halt weiß in der Sonne. Aber es irritiert mich. Die letzten beiden Zeilen finde ich etwas zu allgemein, was schade ist. Ich hätte mir auch für die Widersprüche etwas konretes gewünscht. Wirklich schlecht, weil unbeholfen und prätentiös finde ich „die kalte Seuche weltwärts“. Auch hier wäre etwas konkretes viel stärker (sie könnten etwa die Geldnot wegen Kurzarbeit vergessen). Am schwierigsten bei solchen Stimmungsbildern finde ich, sie nicht beliebig werden zu lassen. Und den Leser mitzunehmen. Das ist beides gelungen. Aber es kam noch besser werden, finde ich. Kleist hat ja viel über die Grenzen des Menschlichen nachgedacht; das könnte vielleicht anklingen (die Marionetten kommen ja schon vor).
Gefällt mir gut. Ich mag es, wenn mich Worte mit auf eine kleine Reise nehmen.