Christian Callo
Frei
Leidenschaftlich gerne gebastelt hast du, immer schon von klein auf:
Reliefs aus Papier, Städte aus Blechresten, lebendige Einblicke in deine Welt, voll von Realität, Sehnsucht und Hoffnung, Erfüllung und Befreiung.
Zaubermodelle sind deine Bricolagen.
Du hast auch mich und mein Kind gestaltet, auf dem Markt von Havanna. Ich bin schwarz, mein Kind weiß.
Weiß sollte die Farbe der Hoffnung sein, für alle. Doch es kam anders.
Die Sonne fiel ins Meer, und als der Tag vorüber war, hast du uns bemalt, hast uns weit aufgerissene, erschrockene Augen ins Gesicht gezeichnet, weil du verzweifelt bist ob dieser Welt, die ihr Herz verloren hat.
Was ist nur aus der Botschaft meines weißen Kindes geworden, aus der Toleranz und Offenheit allen Religionen gegenüber?
Nur wenige wollen diese Botschaft hören. Viele haben sich ihr gegenüber verschlossen. Sie wollen sich stattdessen lieber am sinnlos Grausamen ergötzen, anstatt nach Frieden zu streben.
Macht das Sinn?
Und dann hast du schnell bemerkt, dass du in einer Welt lebst, in der sich viele Menschen ohne Gewalt grenzenlos langweilen würden, obwohl sie wissen, dass die Löwen ihren Jagdtrieb längst verloren haben, in den Arenen Roms.
Foto: C. Callo
Du hast uns einen traurigen Blick gegeben und unsere Pupillen auf jenen Teil der Welt gerichtet, dessen Geschäft der Schund ist, die Missachtung und Erniedrigung, die Folter und der Tod zur Verherrlichung der Herrschaft der mächtigsten Peiniger.
Ja, in dieser Welt versammeln sich in der Tat viele um die Fürsten der Sklaverei herum, die ihnen und ihren kolonialen Verschwörungen dienen, die sich deren rassistischer Haltung verpflichtet fühlen und auch dem Hass huldigen.
Nur der Anerkennung und Zugehörigkeit wegen sind sie ihnen treu.
Blind geworden sind sie, haben das Denken vergessen, würden alles in Kauf nehmen, wenn sie nur zu ihren Götzen hochschauen dürfen. Sie bewundern sie und alle anderen, die es geschafft haben, so zu werden wie sie: über Nacht reich durch kryptische Geschäfte.
Arm im Geiste jedenfalls ergötzen sie sich – diesen gleich – am Grauen, identifizieren sich mit dem, was ein Täter in einem Spielfilm zu später Stunde tut, der in einen Keller geht, in dem eine Frau an einem Stuhl gefesselt ist, und ihr ohne die geringste Regung mit einer Nagelschere ein Ohr abschneidet.
Die Macher solcher Filme verdienen viel mit diesem Stoff und sie nehmen die Zunahme an Gefühllosigkeit und Brutalität in Kauf.
Für was soll das gut sein?
Für rein gar nichts ist es gut.
Wir können verstehen, dass du an solche Einsichten all überall nicht mehr glauben kannst, weil du die Hoffnung auf ein besseres Leben verloren hast.
Dabei gäbe es so viel Schönes. Die Künste der großen weiten Welt sind voll von bunten Werken der Phantasie wie der deinigen:
Luft aus Blumenwolken, Wind aus Blüten, durchsichtiger Regen aus dem reinem Nass der Tiefe und die vielen Menschen, die anders sind, die ohne Vorbehalte auf einander zugehen, wie es die Natur haben will, die das Leben schätzen und genießen, die einfach in einem Café sitzen, bei einem Cappuccino, und den Wellen des Lebens lauschen oder der Musik, die die Künstler der Straße spielen, oder den Menschen folgen, die in den Theatern, Konzerthallen und Opernhäusern musizieren, singen, tanzen oder das zeigen, was sich zeigen lässt: von der Liebe.
What a wonderful world!
Das nimm mit von uns beiden, George, den Dank für die Mühe um unsere Verzierung:
Du hast alles richtig gemacht, du hast dir ein Gefährt gebaut, aus deinem Atem, und du bist eine Treppe aus Träumen hochgestiegen, auf den Berg, der oben eine Tafel bildet, auf der alles geschrieben steht, was sein sollte, in der Welt und zwischen den Menschen, und dann bist du an den Rand des Berges gerannt und losgesegelt wie ein Drache.
Juhuh!
Und jetzt bist du frei und kannst auf deine Stadt und deine Leute hinabschauen, auf die Menschen, und du kannst ihnen ein Zeichen geben, was sie tun sollen.
Wir sehen dich und wollen dort unten tun, was wir tun können.
Foto: C. Callo
*Objekte: Madonna mit Kind (15×20) Havanna (1999); Blechrelief (20×30) Kapstadt (2003)
mein lieber christian,
behind a curtain of blood,
the beauty of the land…
irgendwie treibt uns das alle um,
was für ein wahnsinn, was für eine vergeudung
guter text von dir
Hallo Christian!
Dein Text beschreibt poetisch eine Welt
von heute
vielleicht von morgen.
Gefällt mir sehr. Georg
Lieber Christian,
es ist eine Freude, deinen Text, der von tiefer Humanität geprägt ist zu lesen. Deine Sprache trägt die Botschaft.
Lieber Christian,
die Darstellung der verschiedenen Nuancen des Lebens hast Du mit diesem tiefsinnigen Text sehr gut beschrieben.
Ich mag ihn.
Lieber Christian,
Da hast du dir ein aktuelles und bedeutsames Thema vorgenommen, das uns alle bewegt. Da ist dir ein zugleich r.ealistischer wie fantastischer Text gelungen. Gefällt mir.
Lieber Christian,
wieder ein wunderbarer Text. Wie farbig das Leben sein kann, aber auch wie schwer.
Danke, Ruth
Danke für die Lyrik der Freiheit. Welch ein aktueller, auf dunklen Wolken leicht daher fliegender Text angesichts der Weltereignisse, aber auch derer vom Samstag/Sonntag in Stuttgart. Die Alternative liegt im Sehen dessen, wie es dahinter ist – immer wieder blühend und in allen Facetten bunt – und deshalb auch so sein kann.