Miniaturen von Annette Katharina Müller
Luberon 1
Die Sonne glüht aus dem Blau.
Selbst die Katzen schleichen langsam.
Eine Zypresse sticht in den Himmel.
Bienen brummen um Akazienblüten.
Ein Spitzenvorhang flattert am Fenster.
Über Kiefern dunkle Wolkenberge.
Weiß gleitet ein Auto auf der Straße.
Der Swimmingpool zieht sich hinter Hecken zurück.
Wie Hände spreizt eine winzige Palme ihre Fächer.
Noch rostet der Grill erwartungsvoll.
Eine Männerstimme ruft, ein Hund kläfft.
Ein grün glänzender Käfer fällt aus dem Schilfdach.
Luberon 2
Tropfen fallen aus Steineichen.
Katzen schleichen verloren ums Haus, klopfen an Fenster und schreien.
Natursteinmauern pressen Wasser aus.
Die Dachziegel ziehen sich vor Kälte zusammen.
Einsam flattert ein schwarzer Regenschirm.
Ein Mann liegt unter Deckenbergen.
Selbst der Wind hält den Atem an.
Zitronengelb leuchtet der Ginster.
Luberon 3
Wind und sich neigende Zypressen.
Wind und weiße Autos auf unmarkierten Straßen.
Wind und aufgestellte Katzenohren.
Wind und davonfliegende Servietten.
Wind und an der Leine zerrende Wäsche.
Wind und sich umblätternde Buchseiten.
Wind und in Weinberge geduckte Häuschen.
Wind und Burgruinen, die sich an Felsen krallen.
Wind und mit Klatschmohn tanzende Weizenähren.
Wind und ein freudig trillierendes Vögelchen.
Wind und Rillen in Pfützen.
Wind und ein kippender Plastikstuhl.
Wind und…, Wind und…, Wind –
und dann wieder Regen.
Ravenna
Wind und Wellen, Muscheln und Sand
Sand und Muscheln und Wellen und Wind
und ein schwarzer Verkäufer, der überleben will.
Thessaloniki
Warum nicht vor dem Café an der Uferstraße sitzen?
Wo nur die griechischen Männer sitzen.
Motorenlärm, Abgase, die Ausfahrt einer Tiefgarage.
Aber davor das Meer, das glitzert wie Alufolie.
Über die Berge dahinter zieht eine Wolkenwand.
Schwarz, wie ein Ungeheuer.
Bestimmt regnet es bald.
Die Männer sitzen
und reden
und beobachten
und trinken
und schweigen
und reden.
Bis einer geht
und dann noch einer
und die ersten Tropfen fallen.
Gut beobachtete menschliche Szenen und Naturerlebnisse. Die Gedichte strahlen lyrische Atmosphäre aus.
schön skizzierte Stimmungen.