Radeln statt Reisen
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Um mein Fernweh auszuhebeln, steige ich auf´s Rad, neuerdings gern beim letzten Sonnenlicht oder gleich bei Nacht. An der Isar entlang zu radeln, flussauf oder flussab, ist meine Alternative zum immobilen Wohnungsblues. Mit jedem Tritt weg vom Feierabendverkehr, den spazierenden Grüppchen, vorbei an erleuchteten Büros und verlassenen Biergärten. Elegant rauscht ein Zug über mir entlang, eine Schlange mit viereckigen Kästchen voller Licht. Ein weißer Klecks auf dunklem Wasser wird zum Schwan. Isarkanal. Tierpark. Von fern thront die Großhesseloher Brücke. Ich folge dem rechten nasskalten Weg bis zur Fußgängerbrücke, über die ich mein Rad schiebe. Weißer Kiesweg neben dunkel schimmerndem Wasser, schwarzer Wald und oben dunkle Bauten. Letztes Licht reflektiert auf dem Fluss. Innere Ruhe im Gleichmaß des Tretens. Kühle Abendluft und der Geruch nach Kamin wird stärker, bis ich das Feuer sehe. Beim Wehr überquere ich den Fluss. Mich zieht es hinauf, zum Kirchturm, zu den Lichtern. Auf steiler Waldtreppe balanciere ich das Rad. Die Schultern schmerzen. Oben Straßen, helle, menschenleere Geschäfte, dann wieder dunkler Waldweg, eine Aussichtsbank, ein einsames Rücklicht. Auf dem langen asphaltierten Weg nach unten zurück zum Fluss lass ich es rollen. Mach meinen Rücken ganz rund, geh in die Dehnung bis zu den Füßen, spüre die Kälte in den Fingern. Die Nachtluft streicht vorbei und ich sauge die Abendstimmung ein mit ihren Lauten und wechselnden Gesichtern.

Name der Autorin/des Autors
Karolina De Valerio
Radeln statt Reisen

19 Kommentare zu „Radeln statt Reisen

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