Es ist seit einigen Jahren so üblich, dass jeder Terroranschlag, der in Europa verübt wird, von betroffenheitsgeilen Politikern medienwirksam als ‚Anschlag auf unsere Werte‘ verurteilt wird.
Aber was sind das eigentlich für Werte, die von – meist islamistischen – Terroristen angegriffen werden?
Etwa die Möglichkeit zu unbeschränktem Konsum?
Oder die Möglichkeit, nackte Haut und unbedecktes Haar zu zeigen?
Oder etwa die Möglichkeit, nach Lust und Laune Alkohol zu konsumieren?
Das alles ist zweifellos in unserer Gesellschaft von Bedeutung, doch würde ich in diesem Zusammenhang eher von Rechten als von Werten sprechen, während andererseits kein Zweifel daran bestehen kann, dass unserem gesamten Wertesystem die Achtung der Menschenrechte als unverrückbares Fundament zugrunde liegt.
Diesem fundamentalen Grundwert einer jeden westlichen Demokratie aber kann selbst der blutigste Terroranschlag nichts anhaben – im Gegensatz zu jenen skrupellosen, machtgierigen Politikern, die Terroranschläge als willkommenen Vorwand dafür benutzen, Menschenrechte zu relativieren, einzuschränken oder gar bestimmten Gruppen zu verweigern.
Der zuverlässigste Weg zu einem Wahlerfolg ist im Europa von heute mittlerweile der, in einem ersten Schritt die Angst der Bevölkerung vor Fremden zu schüren, indem man sie als potentielle Terroristen und Sexualstraftäter diskreditiert, in einem zweiten Schritt jenen Menschen, die vor Krieg und Verfolgung aus ihrer Heimat fliehen mussten, das Grundrecht auf Asyl nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr zu gewähren und ihnen in einem dritten, gesamteuropäisch konzertierten Schritt jede Fluchtmöglichkeit zu nehmen, was in vielen Fällen einem Todesurteil gleichkommt.
Die größte Gefahr für unsere Werte geht folglich nicht etwa von Selbstmordattentätern und islamistischen Terroristen aus, sondern von unseren eigenen Regierenden, die nicht einmal mehr vor Menschenrechtsverletzungen zurückschrecken, wenn es darum geht, sich den Beifall einer hassverblendeten Mehrheit zu sichern.
Wenn aber die Achtung der Menschenrechte als der Wichtigste unserer Grundwerte erst einmal den Nimbus der Unantastbarkeit verloren hat – und so weit sind wir bereits – dann wird über kurz oder lang nicht mehr allzu viel davon übrig bleiben.
Was uns erwartet, ist eine wertfreie Zukunft in einer wertfreien, konsumorientierten Plutokratie.
Wenn aber die Menschenrechte erst einmal ihren Wert und ihre Gültigkeit verloren haben, wer, so frage ich, schützt uns dann noch vor uns selbst?